Nachlese

24.11.2019 09:50 - Uhr

"Ha, ha" said the Clown

„Ha! Ha!“ said the Clown - so titelt ein Song von Manfred Mann Ende der 60er-Jahre. Er erzählt uns, was es bedeutet, wenn der Clown auf der Bühne Freude für das Publikum produziert, während genau dort gerade seine Freundin von einem anderen Mann abgeschleppt wird. Freud und Leid nämlich, und das ganz nah beieinander. Oder anders gesagt: "Tragödie ist die Frage. Komödie ist die Antwort." Clown sein bedeutet, das Leben ernst zu nehmen, aber mit Humor. Der Charakter des Narren ist damit auch ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Gesellschaft - ein universeller Archetyp, der in irgendeiner Form in allen Kulturen und zu allen Zeiten zu finden ist. Der Clown ist der "puer aeternus", das ewige Kind in uns allen - der Unschuldige, der die Dinge so sieht, wie sie wirklich sind und nicht als Konventionsdekrete, der uns mit der lautesten Stimme sagen kann, dass der Kaiser keine Kleider trägt. Es ist der Teil von uns, der nie erwachsen geworden ist, der im Herzen und im Moment lebt, ohne Vergangenheit zu bereuen und ohne Zukunft zu fürchten - der Teil, der nur spielen will, völlig frei von Verantwortung - und doch bereit und in der Lage ist, die Welt bei Bedarf zu retten.

Mit den besten Absichten und ohne Rücksicht auf das Scheitern begibt sich der Clown naiv in Gefahr - um immer wieder niedergeschlagen zu werden - aber immer wieder aufzustehen und es aufs Neue zu versuchen. Es ist eine Verkörperung der Hoffnung angesichts der Hoffnungslosigkeit und der Möglichkeit angesichts des Unmöglichen. Die Fotografin Carsten Nichte schreibt als Begleittext zu einer  wunderbaren Bilderserie über Clowns: "Wenn das Leben dir Fallen stellt, und scheinbar unlösbare Aufgaben, wenn es dich auf so vielfache, bizarre, skurrile, tragische, traurige  Art und Weise scheitern lässt, und es deine Aufgabe ist wieder aufzustehen, dein Lachen wieder zu finden und einfach weiter zu machen. Wir können das gern als Übungen verstehen, um im Leben spontan zu sein, zu improvisieren, die Möglichkeiten in uns und in anderen zu entdecken, auch da, wo alles hoffnungslos erscheint… und das alles auch mal mit ironischem Augenzwinkern. Unser Leben hat nur genau eine Vorstellung. Wir sind eingeladen etwas Tolles daraus zu machen für uns selbst und unsere unmittelbare Umgebung, da wo wir sind, mit den Möglichkeiten die wir haben und sogar darüber hinaus. Öfter mal Clown sein, bedeutet auch das Kindliche in uns zu bewahren."

Das alles ging mir durch den Kopf, als die 14-köpfige Team der Clowndoctors im Emailwerk Seekirchen mit "Paradissimo" die Bühne verzauberten. Die Menschen im Saal verfolgten mit offenen Mündern und überforderten Zwerchfell. Die meisten kamen als Familien, was im Theater immer am schönsten ist - weil sich die Erwachsenen von der Begeisterung ihrer Kinder vorurteilsfrei anstecken lassen. Und die beste Erkenntnis daran ist, dass in uns das ganze Leben Clowns verborgen sind, die nur darauf warten, herauszukommen und spielen zu dürfen.

(lf)