Nachlese
Das vierte Element
Singen ist keine Sonderform des Ausdrucks. Singen ist, neben Sprache, Gestik und Mimik, das vierte Element in unserer Palette der Kommunikation. Und unter all den Möglichkeiten uns auszudrücken, ist Singen die mit Abstand emotionalste und …ehrlichste. So gesehen ist der von Richard Griesfelder initiierte Ich-Kann-Nicht-Singen Chor ein Ort, in dem Hüllen fallen gelassen und Mauern abgebaut werden. Und genau das ist zu spüren, wenn sich die Teilnehmer*innen zum ersten Mal von den Stühlen erheben und unter der fachkundigen wie auch mitreißenden Anleitung des quirligen Chorleiters eine neue Welt betreten.
Vom Start weg wird Griesfelder nicht müde, seinen Schützlingen immer wieder zu verstehen zu geben, dass der „falsche Ton“ dem Ganzen keinen Abbruch tut, alleine „kein Ton“ ist nicht der richtige Ansatz. Und die Teilnehmer*innen beherzigen diesen Rat vom Start weg. Die Weihnachtsedition des IKNSC beginnt mit „Winter Wonderland“ und innerhalb einer halben Stunde steht ein 3-stimmiger Chorklang, der mit Ich-Kann-Nicht-Singen nicht mehr viel zu tun hat. Es ist geradezu erstaunlich, wie schnell die rund 70 Einsteiger unter der richtigen Anleitung den ersten Dreh heraus haben. Es ist erstaunlich, wie schnell es geht, wenn man sich von den angelernten Hemmungen befreit und einfach macht. Alle haben ein Lächeln im Gesicht und es ist genau dieses Lächeln, das den Nachbarn ermutigt, einfach weiterzumachen.
Der nächste Schritt heißt „Es Wird Scho Glei Dumpa“ und einmal mehr erlebt man diese wunderbare Dynamik, mit der Griesfelder seine Sänger*innen motiviert und die sich gegenseitig. Denn streng genommen, dürfte dieses Format nicht „Ich-Kann-Nicht-Singen-Chor“ heißen, sondern vielmehr „Ich-Traue-Mich-Nicht-Singen-Chor“, denn von ‚nicht können‘ ist da keine Rede mehr. Jede/r kann singen! Ja, einige sind von Natur aus mit einem besonderen Stimmklang gesegnet, andere haben den Rhythmus im Blut, die Dritten machen beides mit besonderer Hingabe wett, es spielt keine Rolle. Was eine Rolle spielt ist, dass am Ende dieses Abends eine Handvoll Weihnachtslieder soweit sitzen, dass sie mit jedem familiären Christbaumgeträller ganz locker mithalten können und vor allem, dass die Sänger*innen einen Abend lang wirklich großen Spaß hatten …zusammen!
(mw)
